2021 feiert Marc Gauchey, Chef de Cave, sein 30-jähriges Jubiläum

16.08.2021

Marc Gauchey, Chef de Cave bei Geldermann



Im Interview anlässlich seines 30-jährigen Jubiläums

Im September 1991 fing Marc Gauchey als Önologe bei Geldermann an. Anlässlich seines 30-jährigen Jubiläums spricht er im Interview über die hohe Kunst der Assemblage, das Geheimnis des Geldermann Geschmacks, seine größten Herausforderungen in seinem Job als Chef de Cave und was die lange Zeit bei Geldermann für ihn bedeutet.

Geboren 1960 in Mulhouse im Elsass und aufgewachsen in einem kleinen Städtchen mitten in den Weinbergen, hat Marc Gauchey schon früh seine Liebe zum Wein entdeckt: Angefangen mit Ferienjobs im Weinberg, über eine Ausbildung im Bereich Weinbau und Önologie bis hin zum Studium der Önologie und Weinbau zieht sie sich wie ein roter Faden durch seinen Lebenslauf. Nach seinem Studium sammelte er erst einige Jahre Erfahrung mit Analysen und Beratung in einem Önologie-Labor, bevor er 1991 im damals noch unter Deutz & Geldermann genannten Unternehmen anfing.

Französische Wurzeln und Gemeinsamkeiten

Eingestellt wurde er damals von René James Lallier, dem letzten Nachfahren der Gründerfamilie Deutz. Marc Gauchey führt seine Einstellung auch auf ihre gemeinsamen französischen Wurzeln zurück.

Warum hat sich Monsieur Lallier ausgerechnet für Dich entschieden? Er hätte ja auch einen Önologen aus Deutschland einstellen können?

Ich glaube, das lag einfach an unserer gemeinsamen Sprache. James Lallier war geborener Franzose und fing erst im Alter von 42 Jahren an, Deutsch zu lernen, als er Deutz und Geldermann übernahm. Aber, will man seine Sinne ausdrücken – also Schmecken, Riechen, Sehen, Fühlen – dann geht das einfach am besten in der eigenen Muttersprache. Das gilt natürlich auch für die Verkostung von Weinen, wenn Aromen und Geschmacksnoten beschrieben werden. James Lallier suchte jemanden, der alle wichtigen Entscheidungen im Unternehmen treffen kann. Der die Verantwortung für den Keller übernimmt, die Weiterentwicklung der Methodik, die Auswahl und den Einkauf der Grundweine etc. Darum war ihm eine tiefgreifende und reibungslose Verständigung sehr wichtig, jemand, der auch zwischen seinen Zeilen lesen konnte und wusste, was er meint.

Das Geheimnis des Geldermann-Geschmacks

In seiner Anfangszeit bei Geldermann sprach Marc Gauchey nicht viel Deutsch und stellte sich der Herausforderung mit deutschen Kollegen und Mitarbeitern aus anderen Ländern zusammenzuarbeiten. Heute fühlt er sich als richtiger Europäer, dennoch beschreibt er alles, was er bei einer Verkostung schmeckt, gedanklich erst mal auf Französisch. Seine Beschreibung ist dann eine Übersetzung seiner „französischen“ Empfindungen.

Wie hast Du Dich in Geldermann eingearbeitet?

Ich habe ein gutes Jahr gebraucht bis ich genau wusste, was Geldermann eigentlich genau ist. Was für eine Qualität der Sekt hat, in welche Richtung es geht, welche Einflüsse die Historie und die Familie haben. Die Liste könnte ich endlos so weiterführen. Dann hat es noch drei Jahre gedauert, bis ich wusste, was genau der Geldermann-Geschmack ist.

Wie schaffst Du es aus verschiedenen Grundweinen eine Qualität zu komponieren, die nach zwei bis drei Jahren Reife den richtigen Geldermann-Geschmack hat? Mir kommt das vor wie Zauberei.

Nein, Zauberei ist es nicht, aber man muss gut schätzen können. Ich weiß noch, dass direkt nach meinem Start bei Geldermann die erste Einkaufstour der Grundweine vor der Tür stand. Ich fing an, meinen Geschmack hier explizit zu schulen, indem ich mir immer ein paar Flaschen der jeweiligen Grundweine mitnahm. Die probierte ich in gewissen Zeitabständen und lernte so, wie sich welcher Wein entwickelt. So fand ich mit der Zeit heraus, wie ich mit den Grundprodukten weiterarbeiten muss und konnte abschätzen, was sich daraus entwickeln kann. Außerdem lernte ich, mit der Traube „Chenin Blanc“ zu arbeiten, das hatte ich vorher noch nicht gemacht.

2021 ist Dein 30jähriges Jubiläum, was bedeutet diese lange Zeit bei Geldermann für Dich?

Es macht mich sehr stolz. Aber es ist auch eine große Verantwortung. Denn damals, als James Lallier das Unternehmen verkaufte, war klar, dass es jetzt an mir liegt, das Erbe und das Vermächtnis der Familie so fortzuführen, wie er sich das gewünscht hat und es auch in den Sekten zu bewahren. Ich habe mich auch deshalb schon immer sehr mit der Marke identifiziert.

Die hohe Kunst der Assemblage

Auch wenn dies nur ein kleiner Teil seiner täglichen Aufgaben ist – am meisten Spaß macht es Marc Gauchey, eine ganz neue Cuvée zu komponieren. Im Rahmen des Projektes Édition Musique hat er schon zwei ganz besondere Cuvées in Kooperation mit Musikern geschaffen. Besonders begeistert haben ihn dabei die Persönlichkeiten der Musiker und die wechselseitige Inspiration beim künstlerischen Schaffensprozess: So entstand nicht nur die Cuvée in gemeinsamer Zusammenarbeit, auch die Cuvée hat die jeweiligen Musikstücke inspiriert.

Was sind die zwei größten Herausforderungen in Deinem Job als Chef de Cave?

Eindeutig die Kunst, jedes Jahr mit neuem und völlig unterschiedlichem Material doch wieder das Geldermann-Produkt in seiner perfekten Qualität herzustellen. Denn kein Jahrgang gleicht ja dem anderen, jedes Jahr sind die Weine anders, aber der Geldermann-Sekt muss am Ende wieder die gleiche Qualität und den Geschmack haben, den er auch letztes Jahr hatte. Das ist schon eine Herausforderung.

Was steckt alles hinter der richtigen Handwerkskunst der Sektherstellung?

Die Kunst liegt nicht nur im Handwerk, also der Handarbeit im Weinberg und im Keller. Sie liegt auch darin, warten zu können. Das ist ganz wichtig, denn der Wein ist ein Naturprodukt, das jedes Jahr anders ausfällt. Es ist ja nicht so, dass man einfach einen Hahn aufdreht und dann sprudelt soviel Wein raus, wie man eben gerade braucht oder verkaufen möchte. Manchmal ist eine Cuvée einfach noch nicht reif, sie braucht länger, als sich das der Vertrieb mit seinen Planzahlen für Einzelhandel, Fachhandel oder die Gastronomie wünscht. Dann müssen nicht nur wir, sondern auch der Verkauf warten können, bis der Sekt die gewünschte Qualität erreicht hat. Eine ganz exakte Planung gibt es bei der Handwerkskunst der Sektherstellung einfach nicht.

Deine Unterschrift ziert auch die Etiketten der Geldermann Les Grands. Wie viel Deiner Persönlichkeit und Deiner Emotion lässt Du noch in die Geldermann Sekte einfließen?

Es ist immer wieder ein toller Augenblick, wenn man die Weine verkostet, dabei alle Sinne einsetzt und man schmeckt, dass dies ein großer Jahrgang werden wird. Man weiß, dass etwas ganz Besonderes daraus entsteht und das verschafft mir nicht nur eine unglaubliche Befriedigung, sondern es macht mich auch sehr stolz. Und ich hoffe, dass auch dieser Stolz mit in die Cuvée einfließt.

 

Crémant Baden

Ebenfalls ein Ergebnis höchster Handwerkskunst sind die neuen Crémant Baden: Hier ist Geldermann von Anfang an in alle Schritte des Herstellungsprozesses eingebunden. Dabei übernimmt Marc Gauchey persönlich die Auswahl der für den Grundwein benötigten heimischen/badischen Trauben.

Aus welchen Trauben wird der Crémant hergestellt?

Das sind Chardonnay, Pinot Noir und Weißburgunder. Alles Trauben aus der Region Baden, entweder von den Staufenberg-Weinbergen oder vom Bodensee. Und alles Regionen mit Granitböden.

Was ist denn überhaupt der Unterschied zwischen Crémant und Sekt?

Im Gegensatz zum Sekt ist die Herstellung eines Crémant auf ein bestimmtes Anbaugebiet bzw. Region und die dort wachsenden Trauben begrenzt. Es ist also ein lokales Produkt und wird je nach Region aus bestimmten Rebsorten gemacht. Zu den strengen Vorgaben für die Crémants gehören unter anderem die Ganztraubenpressung, sie müssen im traditionellen Verfahren der Flaschengärung hergestellt werden und mindestens neun Monate auf der Hefe reifen. Das ist also ganz ähnlich wie bei manchen Sekt-Cuvées.

Und wie unterscheidet sich der Geldermann Crémant zum Geldermann Sekt, auch geschmacklich?

Der signifikanteste Unterschied ist, dass er keine Chenin Blanc Trauben enthält. Wir machen den Crémant nur aus Trauben, die in Baden wachsen, es ist eindeutig ein Produkt unserer Heimatregion. Er wird geschmacklich sehr die Crémants aus Frankreich ähneln. Unsere Trauben haben ein starkes Reifungsjahr hinter sich, sie brauchen nur eine sehr geringe Dosage. Wir werden uns mit dem Crémant im Brut Bereich bewegen.

Neue Trends im Bereich Sekt und Schaumweine

Die größte Herausforderung sieht Marc Gauchey im Klimawandel. Er wird nicht nur den Geschmack zukünftiger Weine prägen, sondern auch die angestammten Traubensorten werden nicht mehr in ihren Heimatregionen wachsen, so dass neue Sorten zur Wein- und Sektherstellung gezüchtet werden müssen.

Wie hat sich in den letzten 10-15 Jahren der Geschmack der Kunden verändert?

Wir haben bei Geldermann zwei prinzipielle Geschmacksrichtungen, nämlich die Cuvée Les Grands, die von längerer Lagerung auf der Hefe geprägt sind. Und die geschmacklich „demokratisierten“ Les Premiers, denn diese werden im Einzelhandel distribuiert. Rosé ist weiterhin ein Wachstumssegment. Was mich aber sehr überrascht hat ist, dass seit einigen Jahren der Brut wieder viel mehr gefragt ist. Die Tendenz geht also eindeutig mehr in Richtung Brut als zu trockenen Sekten.

Das Leibgericht des Chef de Cave

Marc Gauchey ist ein begeisterter Hobbykoch, sein aktuelles Lieblingsgericht ist Entenbrust mit Kastanienhonig, dazu Kohlrabi mit Kardamom. Selbstverständlich serviert er immer das passende Getränk zum Essen – seine Empfehlung: Sehr viele Gerichte lassen sich perfekt mit einem Brut oder einem trockenen Sekt kombinieren. Persönlich trinkt er am liebsten Crémants oder verschiedene Champagner – und natürlich Geldermann Sekt.

 

Marc Gauchey Video Portrait

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